WOLFGANG KREBS

"Können Sie Bayern?" | 02.05.2015

Seehofer, Stoiber und die Kandisbrunzlerin

Kabarettist Wolfgang Krebs vereint in Alitzheim die bayerische Politprominenz mit herrlich schrägen Typen

Als Wolfgang Krebs vor die überdimensionale Bayernflagge tritt, nimmt er sich zunächst einmal selbst auf die Schippe. Denn eigentlich hätte er ja schon am 14. März hier im Sportheim auf der Bühne stehen sollen, war dann aber kurzfristig krank geworden. Für dieses Mal gibt er Entwarnung: "Während der Veranstaltung werde ich normalerweise nicht krank. Zumindest nicht mehr, als ich es schon bin."

Das gilt auch für die illustre Runde, die er mitgebracht hat. Denn Wolfgang Krebs hat viele Gesichter. Prominente, wie die der selbsternannten bayerischen Ministerpräsidenten-Dreifaltigkeit Edmund Stoiber, Günther Beckstein und Horst Seehofer. Aber auch des Schlagersängers Meggy Montana, der "allgäuer Antwort auf Helene Fischer". Oder das des CSU-Provinzplatzhirsches Schorsch Scheberl aus – Achtung! – Untergamskobenzeisgrubengernhaferlverdimmering. Vereint sind sie ein Panoptikum herrlich schräg-skurriler Typen aus dem weiß-blauen Freistaat. Denn schließlich ist die große Frage dieses Abends: "Können Sie Bayern?"

Die Begrüßung der Gäste darf selbstverständlich die graue Eminenz der bayerischen Politik, Edmund Stoiber, vornehmen. Eine Paraderolle für Krebs, denn kaum einer schafft es so schön, Worte zu zerstoibern und die Wechstaben zu verbuchseln wie er. Das Publikum begrüßt er als "liebe Katholiken und liebe Protestdinger, liebe Schwabacher" – schließlich heißt der Bürgermeister hier Jürgen Franz Schwab. Und in Unterfranken generell gelte: "Wo immer zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, ist der Gerhard mitten unter ihnen und eckt an."

Der Alt-Ministerpräsident und Brüssel-Entbürokratisierer aus "Hausratswolfen, äh, Wolfratshausen", nimmt vor allem politische Gegner auf's Korn. Bündnis 90/Die Grünen etwa: "Schon blöd, wenn eine Partei die Zahl der Mitglieder in den Namen aufnimmt." Der derzeitiger Fraktionschef Anton Hofreiter sehe aus "wie eine Grüne, die man vor 20 Jahren eingefroren und jetzt wieder aufgetaut hat." Und überhaupt, die Ideen der Grünen: "Veggie Day? Den haben wir von der CSU schon vor 2000 Jahren erfunden. Bei uns heißt er Gründonnerstag."

Auch die SPD bekommt natürlich ihr Fett weg, hier im Landkreis, der mit Landrat Florian Töpper "in den Händen der Soziologen" ist. Was soll man schon von einer Partei halten, deren Vorsitzender sich nach einem Erzengel nennt? Und deren Hoffnungsträgerin eine Frau namens Hannelore Kraft ist, die aus Mühlheim an der Ruhr stammt. "Ich kenne noch Zeiten, da ist man nicht an der Ruhr geboren . . . Da ist man an der Ruhr gestorben."

Doch selbst an seinen parteiinternen Erben lässt Stoiber kein allzu gutes Haar. "An dieser Ausländermaut von diesem Doofrind, äh, Dobrindt" etwa. Auch an dessen Plänen einer Teststrecke für ein fahrerloses Auto reibt er sich. Er malt aus, was das für Folgen haben könnte: Abrupte Bremsmanöver. Plötzliche Richtungsänderungen. Stoiber nennt es "die Seehoferisierung des Individualverkehrs." Und auch das Krisenmanagement der heutigen CSU-Granden macht ihm Sorgen: "Wir müssen unsere Fehler nicht rückgängig machen, sondern besser erklären. Wer G9 will, soll halt ein Jahr sitzen bleiben."

Als nächstes tritt Horst Seehofer selbst ans Rednerpult. Dass sich seine Nachfolger schon in Stellung bringen, weil er für 2018 seinen Rückzug als Ministerpräsident angekündigt habe, findet er durchaus amüsant: "Was habe ich denn gesagt? Ich kandidiere 2018 nicht mehr . . . Aber auch nicht weniger." Vielleicht gäbe es auch gar keine Wahlen: "Wie beim Zeitungsabo. Solange es nicht gekündigt wird, verlängert es sich von selbst." Und ob er nicht in drei Jahren wirklich noch einmal seinen Hut in den Ring werfe, sei generell noch unklar: "Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich gehört habe, was ich sage."

Einer der Bewerber für die Seehofer-Nachfolge, Markus Söder, darf auch auf die Bühne und zeigen, wie er als Finanzminister den Freistaat reich und dessen Bürger arm rechnet. Kurzzeit-Ministerpräsident Günther Beckstein erzählt von seinem Leben als Polit-Rentner und von seiner neuesten Errungenschaft, dem "EiBedd": "Ich dachte erst, das sei ein Brett zum Zwiebelschneiden. Aber da war keine Zwiebel drauf, sondern ein angebissener Apfel." Und dann verabschiedet er sich in bestem Fränkisch mit einem sentimentalen Gedicht: "Einst saß ich gar auf Bayerns Thron. Heut' ist die Marga mei' Regierung, und ich die Opposition."

Wie es indes an der CSU-Basis zugeht, erzählt der Schorsch Scheberl aus Untergamskobenzeis . . . – Sie wissen schon. Wer sollte es auch besser wissen als er, der in allen 30 örtlichen Vereinen Vorsitzender ist und selbstverständlich auch der örtliche Wahlleiter: "Wir haben die Schnur am Bleistift so kurz gemacht, dass man nur Liste 1 wählen konnte. Ist die Kabine umgefallen, hast Du gewusst: Aha, SPD!" Bei einem linientreuen CSUler und Vereinsmeier wie ihm gerät dann selbst eine Grabrede zur flammenden Verteidigung des Parteifreundes, der den Verblichenen – einen Zugereisten aus "Mecklenburg-Vorpolen" – unter Missachtung aller Verkehrsregeln in die Grube befördert hat. Bayerische Provinz eben.

Da er aber den Stoiber gar so gut kann, gibt Wolfgang Krebs dem Publikum einen kleinen Crashkurs im Stoiber-Parodieren. Wie setzt man das "Äh" richtig ein, wie verdreht man effektiv die Buchstaben, um schließlich sogar zu einem Kurzbesuch die "Kandisbrunzlerin, äh, Bundeskanzlerin" auf der Bühne zu begrüßen. Und wie ging er nun letztlich aus, der Bayern-Test? Alle haben bestanden, attestiert Stoiber den "Alzheimerinnen und Alzheimern."


mainpost.de | Matthias Endriß