SEBASTIAN REICH & Amanda

Amanda packt aus! | 18.10.2015ausverkauft!

Kleines Nilpferd mit großer Klappe

Wer zu Amanda geht, der weiß, was ihn erwartet. Denn spätestens seit die kleine Nilpferddame mit der großen Klappe Stammgast ist beim TV-Faschingskracher "Fastnacht in Franken", kennt jedermann, der sich auch nur annähernd mit der fränkischen Comedy-Szene befasst, das Amanda-Prinzip. Das kultige Hippo baggert mit geballtem Nilpferdcharme einen auserwählten Mann im Publikum an, kappelt sich mit ihrem Bühnenpartner Sebastian Reich, der in ihrem Selbstverständnis allerhöchstens geduldete Randfigur ist und ohne den sie verständlicherweise doch nicht sein kann, und kramt tief aus der Witzekiste einen Brüller nach dem anderen hervor. Vom flachen Kalauer angefangen über hintersinnigen Wortwitz bis hin zur derberen Zote – aber durchweg mit Schenkelklopfergarantie.

Das Amanda-Prinzip funktioniert auch in Alitzheim. Die Hütte ist voll besetzt und die Besucher schnell aus dem Häuschen. Auch, oder vielleicht gerade, weil der lustige Abend einen durchaus ernsten Hintergrund hat. "Lachen gegen den Krebs" ist diese 15. Comedy-Veranstaltung der DJK Alitzheim überschrieben, und der Erlös dieser Spendenveranstaltung soll an drei Institutionen gehen, die sich der Unterstützung von Krebspatienten und derer Angehörigen verschrieben haben.

Die Schirmherrschaft hat die Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber übernommen. Werner Herkert vom DJK-Comedy-Team sagt zur Begrüßung: "Die Diagnose Krebs verändert auf einen Schlag das Leben des Betroffenen und seines Umfeldes. Dennoch ist es wichtig, der Krankheit positiv zu begegnen. Lachen ist die beste Medizin – ohne Krankenschein."

Lieblingsthema: Essen

Die verabreicht Amanda ihren zahlreichen Fans dann auch, und das keineswegs in homöopathischen Dosen. Zum Beispiel, wenn es um eines ihrer Lieblingsthemen geht: Essen. Nur dumm, dass ihr Bühnenpartner Sebastian gerade im Begriff ist, ein wenig abzuspecken. Für Amanda heißt es da: Mitgefangen, mitgehangen. "Kalorienarme Tomatensuppe á la Sebastian Reich" stehe für sie auf dem Speiseplan, beschwert sich die Hippolady: "Heißes Wasser in einem roten Teller."

Abnehmen sei doch gar nicht so schwer, man müsse nur seine Ernährung etwas umstellen, versucht Reich Amanda zu überzeugen. "Okay", sagt die: "Dann ab morgen die Vorspeise links auf den Tisch und den Hauptgang rechts." Und überhaupt, "ich bin ja gar nicht dick, sondern lebensmittelschwanger". Mit der Abwandlung eines Queen-Klassikers ("We will, we will Pizza!") kocht sie ihren Partner schließlich so weich, dass der bereit ist, ihr die begehrte Leibspeise zu bestellen. "Vielleicht noch in acht Stücke geschnitten?", meint er zynisch. "Nein, nur in fünf", zeigt sich Amanda eisern: "Ich will ja schließlich abnehmen." Vor so viel Nilpferdlogik muss man einfach kapitulieren.

"Amanda packt aus", heißt das aktuelle Programm von Sebastian Reich. Und unter Amandas kleinen Indiskretionen und Sticheleien hat vor allem er selbst zu leiden. Ein bisschen muss man scheinbar schon masochistisch veranlagt sein, gehört man der Zunft der Bauchredner an. Denn schließlich darf man sich all die kleinen Gemeinheiten selbst verbal um die Ohren hauen. Gerade dann, wenn Amanda den Spieß einmal umdreht und Sebastian zu ihrer Bauchrednerpuppe degradiert. Dann muss er sagen, was er will, dass sie ihn sagen lässt. Klingt komplizierter als es ist. Denn auch wenn Amanda "der Star ist hier das Hippo" rappt, die Fäden hält doch Sebastian Reich in den Händen.

Und als er sich erdreistet, seinem Nilpferd mal dessen Gewicht vorzuwerfen, verzieht sich Amanda schmollend hinter die Bühne. Die Chance für "Herrn Esel", den Garant für "Stimmuuuuuung!" Leider ist sein komödiantisches Talent nicht annähernd so groß wie sein Grautier-Ego. Doch Herr Esel gehört nicht erst seit gestern zu Reichs tierischem Ensemble. Man kennt das Langohr und seinen mitunter etwas schrägen Humor, und lohnt ihm seine Kalauer dennoch mit viel Applaus. "Stimmuuuuuung!"

Neu auf der Bühne ist Maulwurf Schorsch, der Hausmeister. "Um 19 Uhr ist Schluss", blafft er Reich gleich an. Und auf dessen ungläubiges Nachfragen schiebt er nach: "Ich komme aus Mönchstockheim. Da ist um 19 Uhr immer Schluss." Die Mönchstockheimer, in beachtenswerter Zahl unter den Gästen vertreten, bekommen an diesem Abend einiges ab. Denn ein Nachbardorf auf die Schippe zu nehmen, gehört zum Amanda-Prinzip.

Wie auch der Flirt mit einem zu Beginn ausgeguckten Zuschauer: Diesmal trifft es Thorsten aus Volkach. Amanda himmelt ihn auf Nilpferd-komm-raus an, gibt sich als unwiderstehliche Hippo-femme-fatale: "Ich bin vom ADAC. Ich kann dich abschleppen." Selbst ihren Liebling, den Seehofer Horst, vergisst sie an diesem Abend fast und erwähnt ihn nur ein einziges Mal. Dabei entspricht natürlich auch Thorsten nicht ganz dem männlichen Idealbild der tierischen Diva: "Du bist nicht meine erste Wahl, doch für heut' Nacht ist das egal."

Bliebe noch ein weiterer gewichtiger Baustein des Amanda-Prinzps: Der Spezifisch. Eindeutig der Kategorie Wortwitz zuzurechnen und schon längst der "running gag" schlechthin bei Reichs Bühnenshows. Will der menschliche Part des Duos eine "spezifische Frage" erörtern, quiekt Amanda voller Entzücken "Spezifiiiiiisch!" und zeichnet das Bild einer flossenbewehrten Kreuzung aus, na klar, Colafisch und Fantafisch.

Und dann, unter Donnern und Blitzen, entsteigt einer Blechtonne doch tatsächlich der ominöse Spezifisch: halb colabraun, halb fantaorange, glubschäugig und mit einem periskopartig aus der Rückenflosse wachsenden Strohhalm. Seine Bühnenrolle gerät zwar ein wenig dürftig, aber irgendwie war es nur eine Frage der Zeit, bis der kultige Flossenmeier einmal als Figur in der Show auftaucht. Manch ein treuer Amanda-Fan mag sich das wohl gewünscht haben, Meister Reich liefert.

Glitzerrote Highheels

Nach – Pause inbegriffen – drei höchst unterhaltsamen Stunden ist Schluss mit lustig. Reich muss, weil Amanda es so will, zum Schlussakkord in glitzerroten Highheels auf die Bühne. Und endlich packt Amanda auch so richtig aus: Jenen silberfarbigen Koffer nämlich, der wie ein in Alu gemeiseltes Fragezeichen das ganze Programm über an einer Kette auf der Bühne hing. Und was ist drin? Wen wundert's: Schokolade. "Meine Notration", verteidigt sich Amanda: "Ich krieg' ja nix!"

Maulwurf Schorsch, Herr Esel, der Spezifisch – sie sind nur Puppen. Und wenn Sebastian Reich sie zum Sprechen bringt, dann ist er "nur" ein Bauchredner. Anders ist das mit dem Nilpferd. Sebastian Reich ist Amanda, und Amanda ist Sebastian Reich. Sie ist seine kongeniale Partnerin, sein Alter Ego. Nicht zuletzt in den Augen der Fans. Da kann es durchaus passieren, so verrät er, dass er an der Käsetheke im Supermarkt zwei Scheiben extra bekommt: "Für Amanda." Und seine Mutter bekommt schon einmal zu hören: "Sie sind doch die Oma von der Amanda."

Das von Sebastian Reich kreierte Amanda-Prinzip funktioniert. Nicht nur in Alitzheim, wo das kleine Nilpferd mit der großen Klappe sicher gerne wiederkommen darf. Und wenn Lachen wirklich die beste Medizin ist, dann war die DJK-Halle an diesem Abend eine einzige, große Apotheke.


mainpost.de | Matthias Endriss