DJANGO ASÜL
Paradigma | 29.03.2014
Django schießt scharf aus der Hüfte Kabarettist Django Asül begeistert sein Publikum in der Alitzheimer DJK-Halle Genre-Fans können sich bestimmt noch gut an den in den 60er Jahren gedrehten Italo-Western Django erinnern. Der Titelheld, verkörpert von Franco Nero, ist ein einsamer Rächer, der vor allem eines gerne tut: Scharf aus der Hüfte schießen. Das hat er gemein mit seinem Namensvetter Django Asül aus dem niederbayerischen Hengersberg. Auch der schießt gerne scharf. Doch wenn er das macht, fliegen keine blauen Bohnen durch die Halle, sondern verbale Spitzen. Und die treffen mindestens genauso sicher ihr Ziel wie die Kugeln des Western-Django. Nicht zuletzt deshalb hat Django Asül im Jahr 2000 als Senkrechtstartet den Bayerischen Kabarettpreis bekommen, hat 2007 auf dem Nockherberg die Polit-Prominenz derbleckt und macht selbiges seit 2008 beim Maibock-Anstich im Münchner Hofbräuhaus. Und auch wenn der Herr mit dem lichten Haupthaar nicht eben von riesenhafter Statur ist, ist er dennoch ein Schwergewicht der Kabarett-Szene. Den Verantwortlichen der DJK Alitzheim um Werner Herkert war es nun gelungen, den Niederbayern mit den türkischen Wurzeln für die elfte Auflage ihrer Comedy-Veranstaltungen zu engagieren. Asül braucht nicht viel um sich herum auf der Bühne. Einen Stehtisch. Einen Stuhl. Ein Glas Weizenbier. Den Rest füllt er mit seiner Aura. "Paradigma" nennt sich das Programm, dass er mitgebracht hat. Das sei griechisch und bedeute soviel wie "die Sicht auf die Dinge", erklärt Asül. Wie die seine ist, wird er in den kommenden hundert Minuten ausführlich darlegen. Hundert Minuten, die wohl vorbereitet sein wollen. "An so einem Programm hocke ich oft einen ganzen Nachmittag", nimmt er sich selbst auf die Schippe. Doch zunächst einmal gibt es ein paar lokale Spitzen. Seine Gastgeber von der DJK bezeichnet er als "einzigen Kulturverein mit eigener Fußballmannschaft." Die Gegend hingegen habe er bislang weniger gekannt, mit Ausnahme des "Naturschutzgebietes Grafenrheinfeld". Dann holt er weiter aus und schüttet den Spott gleich kübelweise über die Protagonisten des politischen Establishments. Da hat er seine Lieblinge, das merkt man schnell. Hans-Peter Friedrich etwa, den ehemaligen Bundesinnen- und Landwirtschaftsminister aus Naila im "Dreiländereck Bayern, Moldawien, Kasachstan". Dass die NSA versprochen habe, das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr abzuhören, sei weniger Friedrichs kompromisslosem Auftritt gegenüber den US-amerikanischen Freunden geschuldet, stichelt Asül. Vielmehr hätten diese die Erkenntnis gewonnen: "Bei der Merkel können wir uns das gesamte HiTech-Zeug sparen, da reicht ein normales Babyphone." Ein weiteres großes Thema: Das Flughafen-Desaster in Berlin. "In Stuttgart haben die Bürger verhindert, dass ein Bahnhof gebaut wird", spottet Asül: "Und in Berlin haben die Politiker verhindert, dass ein Flughafen gebaut wird." Klaus Wowereit, zunächst ehemaliger und Jetzt-wieder-Aufsichtsratschef der Berliner Flughafengesellschaft, könne sich die Verzögerung ohnehin nur mit einem Zahlendreher erklären: "Eröffnung 2013? Bei mir in den Unterlagen stand immer 2310!" Und wenn dann der Hauptstadtflughafen doch mal fertig werden sollte, könnten sich die Berliner den Namen "Willy-Brandt-Airport" gleich abschminken und sich mit einem "Edmund-Stoiber-Airport" anfreunden. Horst Seehofer, so weiß der scharfzüngige Kabarettist, habe Klaus Wowereit bereits vorgerechnet, "dass durch den Länderfinanzausgleich der Flughafen eh schon den Bayern gehört, und da sind die Namensrechte inbegriffen." Asül hangelt sich von Thema zu Thema. Er spricht schnell, und fast immer mit niederbayerischem Slang. Trotzdem ist es auch Otto Normalfranke jederzeit möglich, seinen Spitzen zu folgen. Der teure Bischofssitz des Franz-Peter Tebartz-van Elst, die Steuersünder Uli Hoeneß und Alice Schwarzer, die Eurokrise rund um Griechenland, die schwarz-grüne Koalition in Hessen unter Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir ("Hessen ist nun hugenottisch-jemenitisches Protektorat") – Asül lässt nichts aus, was aktuell ist. Selbst über die Situation an deutschen Schulen hat er sich Gedanken gemacht und sich vorgestellt, wie sich ein Lehrer fühlt, wenn er morgens ins Klassenzimmer schaut: "Die Hälfte der Schüler grantig, die andere Hälfte migrantig." Django Asül beherrscht, das wird an diesem Abend deutlich, die komplette Klaviatur des politischen Kabaretts – die Schenkelklopfer ebenso wie die hintersinnigen Spitzen, die erst mit etwas Nachdenken zünden. Dass seine Art von Kabarett nicht nur die Lachmuskeln sondern auch die grauen Zellen aktivieren will, macht Asül einige Male an dem Abend deutlich. Etwa mit dem finalen Hinweis an die Schüler und Studenten im Auditorium: "Wenn ihr meine Autogrammkarte bei Eurer Schule vorlegt, bekommt ihr eine Woche schulfrei." Autogramme muss er nach dem Schlussapplaus genügend schreiben. Auch wenn es mit dem Schulfrei dann wohl doch eher nichts wird. mainpost.de | Matthias Endriss